Italien: Einigung

Italien: Einigung
Italien: Einigung
 
Die nationale Bewegung in Italien hatte bereits in den Revolutionsjahren 1848/49 die Hoffnungen auf einen italienischen Einheitsstaat begraben müssen. Umso größer war die Enttäuschung jetzt, als die italienischen Freiheitskämpfer trotz der mit schweren Verlusten errungenen Siege von Magenta und Solferino erneut ihr Ziel, einen Nationalstaat zu errichten, verfehlten, weil Napoleon III. sie im Stich gelassen hatte. Dennoch war die Freiheitsbewegung nicht mehr aufzuhalten. Die im Vertrag von Villafranca (12. Juli 1859) beschlossene Wiederherstellung der Herrschaftssysteme in Mittel- und Oberitalien wurde von der »Società nazionale« unterlaufen. Sie bildete überall provisorische Regierungen, die eine Vereinigung mit Piemont-Sardinien suchten.
 
Im Januar 1860 übernahm Cavour noch einmal das Amt des Ministerpräsidenten. Er erreichte jetzt von Napoleon III. für den Preis der Abtretung Nizzas und Savoyens die stillschweigende Duldung der Angliederung der Toskana, von Modena, Parma und der Emilia-Romagna an Piemont-Sardinien. Inzwischen war ein Volksaufstand auf der Insel Sizilien gegen die Bourbonenherrschaft ausgebrochen, dem am 11. Mai 1860 der Freischarführer Guiseppe Garibaldi mit seinem »Zug der Tausend« zu Hilfe kam. Er befreite Sizilien und vertrieb anschließend den Bourbonenkönig Franz II. aus Neapel (7. September 1860).
 
Seine vor allem die Leidenschaften der verarmten Schichten entfachenden beträchtlichen Erfolge waren von Cavour im Interesse der gemeinsamen Sache anfänglich geduldet und genutzt worden, aber der Gefahr einer Eskalation der revolutionären Ziele - der Papst sollte aus Rom vertrieben und von dort die italienische Republik ausgerufen werden - begegnete Cavour mit großer Entschieden heit. Sein Ziel war die Einigung Italiens nach dem Modell der piemontesischen konstitutionellen Monarchie. Er ließ eine piemontesische Armee nach Mittelitalien vorrücken. Ein Zusammenstoß mit den siegreichen Truppen Garibaldis schien unvermeidlich zu sein, aber Garibaldi lenkte ein und löste seine Armee am 26. Oktober 1860 auf.
 
In Volksabstimmungen sprach sich die Bevölkerung der befreiten Gebiete mit überwältigender Mehrheit für den Anschluss an das Königreich Piemont-Sardinien aus. Viktor Emanuel II. wurde von dem ersten frei gewählten italienischen Parlament am 14. März 1861 zum »König von Italien« gewählt. Venetien befand sich aber noch in der Hand der Österreicher, und Rom war seit der gescheiterten Revolution 1849 noch immer von französischen Truppen besetzt, die seinerzeit den Erhalt des Kirchenstaates hatten garantieren wollen. Erst in den kriegerischen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der deutschen Reichsgründung vollendete sich auch die italienische Einigung. Venetien wurde im Frieden von Wien am 3. Oktober 1866 nach dem Sieg Preußens über Österreich mit Italien vereinigt; Rom wurde erst im Zuge des Deutsch-Französischen Krieges nach dem Abzug der französischen Besatzungstruppen italienisches Territorium. Am 9. Oktober 1870 wurde Rom Hauptstadt des Königreiches Italien.

Universal-Lexikon. 2012.

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